Die Reise
Erste Folge der Serie "Karl und Vitórias internationale Abenteuer"
Anläßlich des Monats Oktober – dem Monat, in dem Karl und ich unseren Anniversary feiern – habe ich beschlossen, heute hier die Geschichte unserer allerersten gemeinsamen Urlaubsreise vor zwei Jahren zu erzählen. Und natürlich war sie, da es die allererste war, mega-witzig und potenziell tragisch. Rückblickend betrachtet war sie jedoch nur der Beginn der zweijährigen Serie unserer internationalen Abenteuer bzw. Missgeschicke. Und selbst die “24-Stunden-Challenge” im Münchner Flughafen – eine lange Geschichte ... – übertrifft die Woche in Amsterdam – oder besser gesagt in den Niederlanden – in Sachen Komik nicht.
Also gut, alles begann etwa im Mai oder Juni, als ich noch einige meiner Abiturprüfungen bevorstehen hatte. Karl war bereits im zweiten Semester seines Studiums und würde in wenigen Monaten sein Erasmussemester antreten. Aus diesem Grund hatten wir die brillante Idee, eine Reise für Ende Juli zu planen, um sowohl unseren zweiten Anniversary als auch meinen Schulabschluss zu feiern. Es ist zwar ein bisschen klischeehaft, aber das erste Reiseziel, das uns in den Sinn kam, war Paris – und gibt es eine romantischere Idee als eine Woche Urlaub in der Stadt der Liebe? Naja, ein paar Tage bevor wir die Tickets kauften, gab es einen Terroranschlag in der Stadt der Liebe, was uns so sehr um unser Leben fürchten ließ, dass wir Paris und seine (fehlende) Liebe lieber den Parisern überließen. Da kam uns die Niederlande in den Sinn: Ich las gerade zum zweiten oder dritten Mal “Hippie” von Paulo Coelho – interessanterweise auf Deutsch und nicht der originalen Sprache, Portugiesisch – und da ein Großteil der Geschichte in Amsterdam spielt, dachte ich: Warum nicht? Karl fand die Idee auch toll. Tickets gekauft, Hotel gebucht, alles perfekt ... zumindest dachten wir das.
Was wir allerdings nicht wussten, war, dass mit dieser Reise mein “Streit” mit Booking.com beginnen würde - eine andere, auch lange Geschichte, die erzähle ich vielleicht ein anderes Mal…
Da Karl zu dem Zeitpunkt, als wir die Reise planten, noch mitten in den Prüfungen steckte – ich hatte meine bereits Anfang Mai hinter mich gebracht – war ich letztendlich dafür verantwortlich, die Tickets zu kaufen und das Hotel zu buchen. Und da ich mit 20 Jahren noch nie wirklich eine Reise alleine geplant hatte – außer der Woche, die ich in Italien verbrachte, aber selbst dann musste ich im Endeffekt nur die Flugtickets kaufen, da Sofia den Rest der Planung übernommen hatte –, wusste ich noch nicht, dass man je nach dem Radius, den man in den Sucheinstellungen sowohl auf Booking.com als auch auf Airbnb auswählt, Angebote erhält, die ... hm ... nicht ganz in der Region liegen, die man sucht. Da ich das nicht wusste, ging ich davon aus, dass alle Hotels, die bei meiner Suche nach “Hotels in Amsterdam” angezeigt wurden, auch Hotels in Amsterdam waren. Und als ich ein Schnäppchen für weniger als 300 € für 5 Nächte sah, habe ich keine Sekunde gezögert: Ich schaute mir die Fotos und Bewertungen an, das Hotel hatte super cozy ländliche Pension vibes – und ich stellte zu keinem Zeitpunkt die Kombination einer solchen Atmosphäre mit der geschäftigen Stadt Amsterdam in Frage. Ich schickte die Fotos an Karl, auch er fand den Ort niedlich, und fertig: Hotel gebucht, Problem gelöst. Hätte ich’s nur gewusst…
Einige Tage vor der Abreise, beschloß ich, ENDLICH mal die richtige Adresse des Hotels nachzusuchen, um den Transfer vom Hauptbahnhof zum Hotel zu planen.
Ja…da wurde mir langsam klar, was für einen großen Fehler ich gemacht hatte..
Dennoch war ich in so eine Art Verleugnungsphase und redete mir ein, dass die kleinen Namen auf der Karte STADTVIERTEL seien und dass das Hotel DOCH in Amsterdam liege. Die angegebenen 48,2 km auf der Karte waren auch nicht überzeugend genug, um mich dazu zu bringen, meine eigene Logik in Frage zu stellen. Zu unserem Glück gab es einen INTERCITY – ja, nicht einmal die Tatsache, dass das Ding InterCITY hieß, war offensichtlich genug –, der etwa 10 km vor dem Hotel hielt – und obwohl ich Radfahrerin bin, hatte ich keine Ahnung, wie viel 10 km in der Praxis sind. Google Maps schlug vor, die Strecke mit einem Uber zu beenden, was etwa 10 € kosten würde. Okay, gut, dachten wir. Ohne Karl die genaue Entfernung zwischen dem Bahnhof und unserem Hotel zu sagen, listete ich einfach nur die Strecke auf, die wir zurücklegen sollten, damit es irgendwie nach einem vernünftigen, angemessenen Plan klang.
Am Tag der Reise waren wir beide total aufgeregt: Es war unsere erste gemeinsame Auslandsreise! Wir nahmen Kekse mit – ach, die guten alten Zeiten, als wir noch nicht allergisch gegen Sojalecithin waren – und Wasser für die lange Zugfahrt von Frankfurt nach Amsterdam, die etwa sechs Stunden dauern würde. Die Zugfahrt verlief ohne größere Zwischenfälle, was bei der Deutschen Bahn eher selten ist. Wie geplant waren wir 6 Stunden später endlich in Amsterdam!
Die Probleme begannen jedoch bei unserer Ankunft am Amsterdam Centraal: Als wir versuchten, ein Ticket für den INTERCITY zu kaufen, kauften wir versehentlich nur das CITYTICKET, das nur für den öffentlichen Nahverkehr in Amsterdam und nicht außerhalb der Stadt gültig war. Ich wollte es noch nicht wahrhaben, aber erst da begann ich zu denken, dass es sich bei den “kleinen Namen” vielleicht doch nicht um Stadtteile handelte...
Aber die Fahrkarte für diesen INTERCITY kostete nicht mehr und nicht weniger als 20 Euro. Wir waren schon etwas entmutigt, denn wir dachten, wenn wir jedes Mal 40 Euro bezahlen müssten, um vom Hotel ins Zentrum zu fahren, würden wir mehr Geld für den Transport ausgeben als für die eigentlichen Stadtbesichtigungen. Da es jedoch schon zu spät war, um noch etwas dagegen zu unternehmen, kauften wir die Fahrkarten und stiegen in den Zug, der einige Stationen weiter in einem Ort namens “Almere Oostvaarders” hielt – später fanden wir heraus, dass Almere der Name der Nachbarstadt der Stadt war, in der sich das Hotel befand.
Ja, genau, die “kleinen Namen” waren jetzt definitiv keine Stadtteile.
Es blieben noch die 10 km mit dem Taxi bis zum Hotel. Was wir jedoch nicht wussten, war, dass wir von Google Maps komplett belogen wurden: Wir versuchten es sowohl mit der Uber- als auch mit der Bolt-App, um einen Fahrer zu finden, aber ohne Erfolg. Nach ein paar Minuten war Karls Handyakku leer – und da kam die Panik: Mein Handy war auch fast leer, wir standen da mit unseren Koffern an einem unbekannten Ort, kannten weder die Landessprache noch wussten wir, wie wir zum Hotel kommen sollten. Es wurde langsam dunkel. Ich tat das Erste, was mir in den Sinn kam: Ich suchte nach “Radiotaxi Amsterdam” und rief die erste Nummer an, die in der Liste erschien (ohne zusätzliche Kosten, dank der EU und dem kostenlosen Roaming). Karl hat dann kurz ausgerastet, als er daran dachte, wie viel uns dieser Spaß am Ende kosten würde, aber was konnten wir sonst tun? Fünfzehn Minuten später kam das Taxi. Halleluja!
Die gesamte Fahrt dauerte, ohne Witz, nicht länger als 10 Minuten. Und für weniger als 10 Minuten mussten wir 80 Euro bezahlen.
Ja.
Jetzt macht Karls Ausraster mehr Sinn, oder?
Eine kurze Rechnung:
2*20€+80€= 120€
hundertzwanzig Euro NUR UM INS HOTEL ANZUKOMMEN
Das Lustigste ist, wenn Scammers versuchen, so zu tun, als sei ihr Preis eigentlich hervorragend und völlig angemessen. Mit den Worten des Fahrers: “Sie hatten großes Glück, wenn Sie einen Scammer erwischt hätten, hätte diese Fahrt mehr als 120 € gekostet” – man muss kein Genie sein, um die Absurdität dieses Satzes zu erkennen. Wir bedankten uns für die „Gefälligkeit“, holten unser Gepäck und betraten das Hotel. Als Erstes fragten wir den Rezeptionisten nach dem durchschnittlichen Preis für eine Taxifahrt von Almere Oostvaarders bis hierher. Und, oh Wunder: Es waren keine 80 Euro und schon gar nicht 120 Euro.
Das Hotel war eigentlich das Einzige, was wirklich unseren Erwartungen entsprach: super hübsch, mit einer Hüttenatmosphäre, mitten im Grünen. Angenehm. Aber wir waren 20 Jahre alt und kein Paar in den Sechzigern, das Urlaub machte, um die Natur der Niederlande zu genießen. Wir wollten die Museen, die Sehenswürdigkeiten und das Nachtleben von Amsterdam sehen. Gleichzeitig waren wir Studenten ohne viel Geld – und schon gar nicht bereit, 120 € pro Tag nur für Transport auszugeben. Also hatten wir die ultrageniale Idee…
…Citybikes in Amsterdam zu mieten und die gesamte Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen!
Zu unserer Verteidigung muss gesagt werden, dass die Idee zu diesem Zeitpunkt perfekt und wunderbar zu sein schien: Es war Juli, Ende des Sommers, die Temperaturen waren sehr angenehm – und wir wollten schon seit einiger Zeit eine Radtour machen. Warum also nicht?
Und ehrlich gesagt wäre es nicht so schlimm gewesen, wenn wir nicht, wie bereits erwähnt, von Google Maps völlig in die Irre geführt worden wären.
Vollkommen überzeugt machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Amsterdam – diesmal zu Fuß zum Bahnhof Almere Oostvaarders, anstatt das Taxi zu nehmen. Ein sehr entspannter Spaziergang von fast zweieinhalb Stunden, aber viiiiiel besser, als erneut 80 € zu bezahlen. Nach weiteren 40 Minuten mit dem INTERCITY waren wir wieder in Amsterdam Centraal. Im Internet fanden wir einen kleinen Laden, der Fahrräder für 10 € pro Tag vermietete – was nach unseren Berechnungen letztlich genauso viel kosten würde wie die Hin- und Rückfahrt mit dem INTERCITY, wenn wir die Fahrräder von Dienstag bis Donnerstag mieten würden. Ein perfekter Plan.
Da wir noch zweieinhalb Stunden mit dem Fahrrad bis zum Hotel vor uns hatten und nicht im Dunkeln zurückfahren wollten, blieben wir nicht lange in Amsterdam – was letztendlich gar nicht so schlimm war, da ich die Stadt für meinen Geschmack etwas zu voll und hektisch fand. Im Grunde genommen kamen wir an, spazierten ein wenig durch die Innenstadt – die uns sehr an die Frankfurter Innenstadt erinnerte – aßen zu Mittag, waren schockiert, als wir 8 € für einen “billigen” Crêpe bezahlen mussten – oh, welch eine Stadt voller Scammers! – gingen zum Fahrradverleih und machten uns dann mit vollem Magen und leeren Taschen auf den Rückweg.
Eine Strecke, die nicht zwei, nicht drei, nicht vier, sondern FÜNF STUNDEN UND 30 MINUTEN dauern würde.
Im wahrsten Sinne des Wortes. Wir sind um 19:30 Uhr losgefahren und um 1 Uhr morgens im Hotel angekommen.
Der Weg selbst begann sehr schön. Zu unserem Glück gibt es in den Niederlanden mehrere Radwege, die den gleichen Strecken wie die Autobahnen folgen, sodass wir keine Probleme hatten, eine Route zum Hotel zu finden. Das Problem war natürlich, ihn zu befahren. Zu dieser Zeit war ich noch mit Kortison gegen Asthma in Behandlung, also kannst dir gut vorstellen, wie sehr ich mich während der gesamten Fahrt beschwert habe - wie ein nerviges Kind, das ständig fragt “Sind wir schon da? ... Und jetzt? Sind wir schon da?”, vor allem, weil Karl mit der Karte (unserem Kumpel, Google Maps) vorausfuhr. Nachdem die zweieinhalb Stunden, die der Weg angeblich dauern sollte, vorbei waren, wurden wir langsam etwas nervös und merkten, dass diese wunderbare Idee doch nicht so wunderbar war: Wenn das nur der Rückweg war, wie sollten wir dann jeden Tag in die Stadt und zurück kommen? Unmöglich.
Irgendwann unterwegs hielten wir bei McDonald’s zum “Abendessen” an – da es bereits fast zehn Uhr abends war und wir noch ein kleines Stück vor uns hatten –, und ich beschloss, meine Mutter anzurufen – die, wie jede italienisch-brasilianische Mutter, sehr nervös war, da es das erste Mal war, dass ihre älteste Tochter alleine so eine Reise unternahm – und ihr so locker und unbeschwert wie möglich von dem ganzen Drama zu erzählen und dass unsere Reise zu einer Radtour durch Holland geworden war.
“Aber wie lange dauert es noch, bis ihr im Hotel ankommt? Ihr fahrt doch nicht bis in die Nacht hinein, oder?”
“Laut Google Maps dauert es noch ein Stündchen, also sollten wir bald da sein”, antwortete ich mit größter Überzeugung. Nicht wirklich überzeugt, da Google Maps diese eine Stunde schon seit einer Stunde anzeigte...
Da ich jedoch nicht wollte, dass meine Mutter einen Herzinfarkt bekommt, beschloss ich, ihr dieses kleine Detail zu ersparen.
Wir fuhren weiter. Und als ich sah, dass die von Google Maps angegebene Fahrzeit von einer Stunde nicht kürzer wurde, egal wie weit wir fuhren, wurde ich langsam nervös.
“Wie kann es sein, dass dieses Mistding immer noch 1 Stunde anzeigt? Wie lange brauchen wir noch, um anzukommen? Es ist schon fast Mitternacht!!”
“Hier steht, dass es noch etwa 8 km sind, das heißt, es kann nicht mehr weit sein... Vitória, hat dein Handy noch Akku?”
“Ja, warum?”
“Ich habe gerade eine Nachricht von deinem Vater erhalten, in der er fragt, was hier los ist, weil deine Mutter dich offenbar seit einer halben Stunde anruft und du nicht rangehst ...”
Da bemerkte ich, dass mein Handy in meiner Tasche vibrierte. Darauf waren etwa dreißig verpasste Anrufe von meiner Mutter. Ich ging ran.
“WARUM BIST DU NICHT ANS TELEFON GEGANGEN? GEHT ES EUCH GUT? WAS IST LOS? SEID IHR SCHON DA?” Eine keuchende und weinerliche Stimme nahm den Anruf entgegen. Ja... als ich versuchte, meiner Mutter einen Herzinfarkt zu ersparen, hätte ich ihr beinahe selbst einen Herzinfarkt verursacht.
“Beruhige dich, Mama, alles ist in Ordnung, aber wir sind noch nicht im Hotel angekommen...”
“IMMER NOCH NICHT?? WIE LANGE SEID IHR SCHON UNTERWEGS?? ES IST SCHON ECHT SPÄT!!”
“Ja, ich weiß...Google Maps hat uns glaube ich die falsche Fahrzeit angegeben...“
“GLAUBST DU?!”
“Mama, hör zu, je länger ich mit dir am Telefon bleibe, desto länger dauert es, bis wir ankommen. Ich rufe dich an, sobald wir angekommen sind, versprochen. Bekomm nur keinen Herzinfarkt.”
“WENN DU NICHT WILLST, DASS ICH EINEN HERZINFARKT BEKOMME, DANN GIB MIR KEINEN GRUND, UM EINEN HERZINFARKT ZU BEKOMMEN! WAS FÜR EINE BLÖDESINNIGE IDEE WAR DENN DAS VON EUCH?!”
“Tchau, mãe…”
Wie ich bereits zu Beginn erwähnt habe, war es fast 1 Uhr morgens, als wir endlich im Hotel ankamen. Nachdem ich erneut zu Hause angerufen und mich vergewissert hatte, dass meine arme Mutter tatsächlich keinen Herzinfarkt erlitten hatte, fielen wir beide todmüde ins Bett. Am nächsten Tag waren wir uns einig: Amsterdam und Fahrräder würden wir heute auslassen.
Wir beschlossen, uns einen Tag frei zu nehmen und die Umgebung des Hotels zu erkunden. Und ehrlich gesagt, nach all dem Stress der letzten Prüfungsphase brauchten wir wirklich eine Auszeit. Vor allem, weil wir am nächsten Tag nach Amsterdam zurückkehren mussten, um die Fahrräder zurückzugeben, und unsere Pos wegen der harten Sättel buchstäblich SCHMERZTEN, war die Pause mehr als notwendig.
Das Gute daran, etwas zum zweiten Mal zu machen, ist, dass man aus den Fehlern des ersten Mal lernen kann: Da wir nun wussten, dass Google Maps gelogen hatte und die Fahrt viel länger als 2,5 Stunden dauerte, beschlossen wir, früh loszufahren, um zu einer vernünftigen Uhrzeit in der Stadt anzukommen (also vor 16 Uhr), die Fahrräder abzugeben, noch ein bisschen Sightseeing zu machen und den Zug zu einer angemessenen Zeit zurückzunehmen, da wir auch wieder die 10 km zwischen Bahnhof und Hotel zurücklegen mussten. Da es hell und das Wetter angenehm war, konnten wir diesmal zumindest die Strecke genießen: supergrün, es gab sogar ein paar Schafe auf dem Weg – die vor uns wegliefen, als wir versuchten, uns ihnen zu nähern, um sie zu streicheln – und ein paar kleine Seen, auf denen hier und da Schwäne schwammen. Es gab ein gewisses idyllisches je ne sais pas in dieser Landschaft. Ab und zu fanden wir auch Blaubeer- und Himbeersträucher und hielten an, um ein paar Beeren zu pflücken.
Als wir jedoch in Amsterdam ankamen, verschwand die ländliche Atmosphäre und machte Platz für hohe Gebäude, Lärm und – man glaubt es kaum – aggressive Radfahrer und Fahrradverkehr.
Ja.
Als jemand, der aus São Paulo stammt, muss ich zugeben, dass ich von all den Verkehrssituationen, die ich bisher gesehen habe, keine einzige auf einem Radweg war. Wieder einmal war ich etwas enttäuscht von der niederländischen Hauptstadt und in gewisser Weise froh, dass unsere Reise nicht genau nach unseren Plänen verlief.
Denn nachdem wir die Fahrräder zurückgegeben hatten, waren wir ehrlich gesagt so müde vom Lärm der Stadt, dass wir nicht einmal mehr Lust hatten, uns die Sehenswürdigkeiten anzuschauen: Überall hat alles ein Vermögen gekostet und stark dem geähnelt, was wir bereits in Deutschland gesehen hatten – nur natürlich noch teurer. Also beschlossen wir nach dem Mittagessen, nach Almere zurückzukehren und im Supermarkt in der Nähe des Bahnhofs ein paar Beeren und Snacks für ein Picknick am Schwanensee zu kaufen. Hat das unsere Rückkehr etwas verzögert? Ja, aber zu diesem Zeitpunkt war uns das schon egal.
Ehrlich gesagt ist das der Teil der Reise, an den ich am liebsten zurückdenke: der Sternenhimmel, der Duft der Natur, die Einfachheit dieses Moments...es war definitiv nicht die Art von Urlaub, die wir geplant hatten, aber am Ende war es viel besser: Es war das erste Abenteuer, das wir gemeinsam erlebt haben.
Die spontanste und lustigste Radtour in der Geschichte der Radtouren.
Das Hotel, 50 km von Amsterdam entfernt.
Bert und Lily – die beiden Kühe, denen wir mitten auf unserer entspannten Tour am Mittwoch begegnet sind und bei denen ich fest davon überzeugt war, dass sie uns folgten.
Der Taxifahrer, der uns mit 80 € für eine 10-minütige Fahrt gescammt hat.
Denn letztendlich laufen die Dinge nie wirklich nach unseren Plänen.
Missgeschicke passieren. Pläne scheitern. Menschen planen falsch. Menschen vergessen, vor Reiseantritt die genaue Lage des gebuchten Hotels zu überprüfen. Und letztendlich hängt das Erlebnis am Ende davon stark davon ab, wie wir mit diesen Missgeschicken umgehen. Hätten wir uns auf die Misplanung fokussiert, hätten wir die ganze Reise gar nicht genossen – oder schlimmer noch, wir hätten uns gegenseitig die Schuld für das Geschehene gegeben. Aber was hätte uns diese negative Einstellung gebracht? Nichts. Wir hätten weder das Hotel wechseln noch nach Hause zurückkehren können. Ja, manchmal müssen wir lernen, aus Limmetten Limonade zu machen und uns darüber zu freuen, anstatt uns darüber zu beschweren, dass wir keinen Orangensaft haben.
Denn obwohl es nicht das war, was wir uns ursprünglich gewünscht hatten, war die Limonade am Ende viel unterhaltsamer als der laute Orangensaft.
xoxo
die Frau mit der lila Brille




Engaging. That line about leaving Paris and its (missing) love to the Parisians was such a clever pivot. I wonder how many other travel plans get dynamically re-evaluted like that in real-time?
Manchmal schreibt die Realität doch die besten Geschichten. Danke für diese äußerst unterhaltsame Erzählung!